Fachkräftemangel - Ursachen und Lösungsvorschläge für das Handwerk
Im vergangenen Jahr 2017 hatten so viele Bundesbürger wie noch nie einen Job. Dennoch entgingen und entgehen der Wirtschaft und dem Handwerk viele Geschäfte, weil Aufträge nicht mehr angenommen werden können. Denn es fehlen Mitarbeiter und Handwerker um diese Aufträge zeitnah zu erfüllen. In diesem und dem kommenden Beitrag werden wir einige Ursachen des Fachkräftemangels benennen und Tipps für die eigene Mitarbeitergewinnung im Handwerk geben.
Was ist der Fachkräftemangel?
Der in Deutschland als “Fachkräftemangel” bezeichnete Mangel an Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung ist eigentlich ein “Fachkräfteengpass”. Darunter wird das vorübergehende Missverhältnis der regionalen und/oder qualifikationsspezifischen Arbeitsnachfrage mit dem zur Verfügung stehenden Arbeitsangebot verstanden. Anders als beim Fachkräftemangel fehlen die Fachkräfte beim Engpass nicht dauerhaft.
Laut Definition liegt im Handwerk bei den Fachkräften dann ein echter Engpass vor, wenn für eine gemeldete freie Stelle weniger als zwei Arbeitslose zur Verfügung stehen.
In bestimmten Handwerksbranchen sind aufgrund dieses Fachkräfteengpasses mehr Stellen offen, als Bewerber vorhanden sind und die Dauer bis eine Stelle neu besetzt wird verlängert sich. So diagnostizierten Wissenschaftler für 35 Berufe mit Aufstiegsfortbildung einen Fachkräfteengpass. Unter den Top-Ten-Berufen mit den größten Engpässen sind aktuell fünf Handwerksberufe, wobei fast die Hälfte der eine Million deutschen Handwerksbetriebe 2017 neues Personal suchte.
Die Folgen des Fachkräfteengpass sind mittelfristig unbesetzte Stellen und Aufträge, die nicht angenommen werden, weil sie nicht zeitnah erfüllt werden können. Das macht nicht nur das Handwerk unzufrieden. “Die Firmen stehen unter Druck: Sie wollen ihre Kunden nicht verärgern, aber vielen fehlt das Personal, um alle Kunden schnell zu bedienen und die Aufträge abzuarbeiten”. (Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer 2018)
Der Fachkräfteengpass im Handwerk zeigt sich dabei mit regionalen Unterschieden: Im Südwesten werden Fachkräfte in die Schweiz abgeworben, im Osten fehlt es teils an jungen Leuten, die aus den ländlichen Regionen weggezogen sind. Den größten Engpass gibt es in Baden-Württemberg, wo auf 100 gemeldete freie Stellen in den Berufen mit Aufstiegsfortbildung nur 130 Arbeitslose kommen. Hier ist es besonders die Industrie, die mit dem Handwerk konkurriert und dank höherer Löhne oft gewinnt. Obwohl fast ein Viertel aller Betriebe im ersten Halbjahr 2017 offene Stellen meldete, ist laut Umfrage nur jede zweite Suche erfolgreich, bei den Auszubildenden sind es sogar 40 Prozent der Stellen, die unbesetzt bleiben. Besonders schwierig gestaltet sich laut Umfrage die Suche nach geeigneten Meistern und Mitarbeitern mit höherer Qualifikation so der Zentralverband des Deutschen Handwerks.
Auch innerhalb der Handwerksberufe tritt der Fachkräfteengpass nicht einheitlich auf. Neben einer allgemein fehlenden Attraktivität des Handwerks entscheiden sich junge Leute, die einen Handwerksberuf ergreifen, lieber Tischler zu werden, als Bäcker, Fleischer oder Klempner. Die Ursachen hierfür wollen wir genauer beleuchten.
6 Ursachen des Fachkräftemangels
Um den Fachkräfteengpass wirkungsvoll bekämpfen zu können, müssen wir zuerst die Ursachen klären. Diese reichen von einer schwachen Handwerkskonjunktur Ende der 1990er Jahre über eine geringere Attraktivität des Handwerks und der schwachen Lohnentwicklung, sowie einhergehender geringer Ausbildungsquoten bis zum Strukturwandel des Arbeitsmarkts und der Rente mit 63.
1. Schwache Handwerkskonjunktur
Die zwischen 1995 und 2005 extrem schwache Handwerkskonjunktur und deren Auswirkungen sind wegen des damaligen massiven Personalabbaus im Handwerk bis heute spürbar. Es galt als ausgemacht, dass das Sprichwort “Handwerk hat goldenen Boden” an Substanz verloren hatte. Die Arbeit im Handwerk verlor an Attraktivität, Perspektive und in der Folge auch an Auszubildenden.
Die schwache Entwicklung der Gesamtwirtschaft Ende der 90er Jahre verschonte auch das Handwerk nicht, was besonders an der überwiegenden Konzentration des Handwerksumsatzes in den konjunkturabhängigen Gewerbegruppen (60 %) liegt. Während in den neuen Bundesländern noch ein leichtes Wachstum zu verzeichnen war, stagnierte die Handwerkskonjunktur im Westen für Jahre.
2. Lohnentwicklung im Handwerk
Durch den härter werdenden Preiskampf im klassischen Ausschreibungsgeschäft sinken die Margen und es fehlt den Betrieben der notwendige Spielraum bei den Löhnen. In der Folge wandern die guten Fachkräfte in besser bezahlte Jobs ab. Vor dem Hintergrund der angespannten Fachkräfteversorgung und voll ausgelasteter Kapazitäten stiegen die Löhne jedoch 2017 in Deutschland wieder merklich an.
Das Stellenportal "Stepstone" listet das Handwerk pauschal auf Platz zwei der Flop-Branchen mit den niedrigsten Gehältern. Allgemein ist jedoch “in der Öffentlichkeit das Bild verzerrt, weil immer nur einzelne Gewerke herausgegriffen und die dortigen Verdienstmöglichkeiten auf das ganze Handwerk übertragen werden”. (Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer) Dabei fallen die Lohnunterschiede zwischen den Gewerken erheblich aus.
Auch bei der Entscheidung für eine Ausbildung im Handwerk spielt die Höhe der Ausbildungsvergütung eine wichtige Rolle, bestätigt Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Nur langsam sind die Entgelte für die Auszubildende im Handwerk im vergangenen Jahr bundesweit um mehr als vier Prozent gestiegen. Damit verdienten Azubis nun durchschnittlich 730 Euro brutto im Monat - jedoch mit starken regionalen Unterschieden.
3. Geringe Ausbildungsquoten
Bedingt durch den drastischen Rückgang der Zahl der Schulabgänger, die vermeintlich besseren Karrierechancen nach einem Studienabschluss, den nur langsamen Anstieg der Ausbildungsvergütung und ein schlechtes Image des Handwerksberufes sinken die Ausbildungsquoten kontinuierlich. So blieben 2017 ca. 15000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Es gelingt dem Handwerk nicht mehr junge Menschen für sich zu begeistern. Und wo keine Azubis, da keine Handwerker!
Zudem bilden - laut einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung - immer weniger deutsche Betriebe aus, obwohl die Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik steigt. Dies gilt vor allem für die kleineren Unternehmen. Ausbildung und Beschäftigung driften der Untersuchung zufolge über alle Betriebsgrößen hinweg auseinander. Auch gibt es bei den Handwerksberufen Unterschiede: "Zum Beispiel im Bereich Heizung und Sanitär gibt es deutlich mehr Lehrstellen als Bewerber", sagt Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Oft passen auch Angebot und Nachfrage nicht zusammen, denn die Erwartungen, die an Ausbildungsbewerber gestellt werden, sind aufgrund des technologisch bedingten Wandels der Produktionsprozesse über die Jahre gestiegen. "Im Jahr 2016 konnten mehr als 40 000 Ausbildungsplätze von den Betrieben nicht besetzt werden - mehr als doppelt so viel wie noch 2010, obwohl gleichzeitig rund 80 000 Bewerber ohne Ausbildungsplatz blieben." (Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung)
4. Imageproblem des Handwerks
Nicht nur, wenn es um den Nachwuchs geht, hat das Handwerk ein Imageproblem. Zwar ist laut der aktuellen Allensbacher-Berufsprestige-Skala das Ansehen des Handwerkers in der Bevölkerung sehr gut (38 Prozent der Deutschen zählen sie zu den fünf Berufen, die sie am meisten schätzen). Doch es gelingt kaum dieses Image für die eigenen Zwecke und die erfolgreiche Nachwuchswerbung zu nutzen.
Auf die Frage, welcher Bereich für ihre beruflichen Pläne besonders attraktiv ist, antworteten nur sechs Prozent von 4300 Studenten in Deutschland: das Handwerk, so eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young. "Handwerker haben nach wie vor ein sehr gutes Ansehen, aber immer weniger wollen es selber werden. Sie sehen den goldenen Boden nicht mehr, sondern nur noch die schmutzigen Hände und das frühe Aufstehen." (Peter Pirck von der Markenberatung Brandmeyer)
Nur langsam verbessert sich das Image vom traditionellen Führungsstil und Rückstand bei technischen Entwicklungen und junge Menschen bringen das Handwerk wieder mit Modernität in Verbindung. Dafür verantwortlich ist auch die Image-Kampagne "Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht von nebenan“ der deutschen Handwerkskammern.
5. Strukturwandel des Arbeitsmarkts
Der Arbeitsmarkt unterliegt seit den 1970er Jahren einem intensiven Strukturwandel. Nicht nur vom Warenproduktionssektor zum Dienstleistungssektor, sondern auch aus dem klassischen Handwerk zum Dienstleistungsgewerbe. Hier werden den handwerklich ausgebildeten Fachkräften neue Beschäftigungschancen und vermeintlich bessere Arbeitsbedingungen eröffnet.
Nur gut jeder dritte im Handwerk ausgebildete Mitarbeiter bleibt laut Studie des ifh Göttingen heute noch der Branche treu. Bis zum Ende der 1990er-Jahre verblieb etwa die Hälfte der im Handwerk ausgebildeten Fachkräfte auch im weiteren Erwerbsverlauf im Handwerk, heute sind es dagegen nur noch 36,5 Prozent. Neben dem Dienstleistungssektor ist zunehmend auch wieder die Industrie größter Hauptkonkurrent im Wettbewerb um die besten Fachkräfte.
6. Die Rente mit 63
Die am 1. Juli 2014 von der Bundesregierung eingeführte Möglichkeit einer abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren (nach mindestens 45 Jahren der Einzahlung in die Rentenkassen) führte zu einer Verschärfung des Fachkräftenotstands. Tausende Fachkräfte, die noch zwei Jahre hätten arbeiten können, gingen so dem Handwerk schlagartig verloren.
Berechnungen der Bundesregierung belegen, dass bis zu 200.000 Arbeitnehmer jährlich die Möglichkeit eines sofortigen Renteneintritts nutzen könnten. Nach Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks sind acht Prozent aller Handwerker über 60. Besonders die kleinen Handwerksbetriebe leiden unter der Möglichkeit der Frühverrentung. In größeren Betrieben setzt man die Älteren für Tätigkeiten ein, die physisch nicht so belastend sind und hält sie so in der Firma.
Fachkräfteengpass und wie weiter?
Neben den hier benannten 6 Ursachen sind es noch einige weitere, die zum Fachkräfteengpass im Handwerk geführt haben. Dazu zählen auch der allgemeine Geburtenrückgang in Deutschland (seit 2010 wieder leicht steigend) und Konkurrenz durch die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU.
Auf vielen Wegen wird von der Politik in EU, Bund, Bundesländern und Gemeinden, von verschiedenen Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie etwa der Bundesagentur für Arbeit, aber auch von den Selbstverwaltungseinrichtungen des Handwerks, wie den Handwerkskammern und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks gegen den Fachkräfteengpass vorgegangen.
Mit der Integration von Frauen und Menschen mit Behinderung, Arbeitslosen und Studienabbrechern, Migranten und Flüchtlingen in die Ausbildung und den Beruf, sowie Anpassung der Arbeitswelten im Handwerk an die Bedürfnisse und Wünsche der Beschäftigten, konnten so erste Erfolge erzielt werden. Das kann jedoch nur im Zusammenspiel aller Beteiligten - also auch Ihnen - gelingen!
Erfahren Sie in unserem nächsten Blog-Beitrag, wie Sie dem Fachkräfteengpass erfolgreich entgegentreten und neue Auszubildende und Mitarbeiter gewinnen können. Wo ist geeignetes Personal zu finden, wie kann ich die Menschen erreichen und wie kann ich sie von mir als Arbeitgeber überzeugen?
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